Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Samstag, 25. März 2017

Uhr (in leerem Zimmer)



Jemand ging. Und nahm die Zeit mit. Die Uhr blieb. Es war fortan ganz leer hier. In diesem Zimmer. Auch die Uhr war leer. Ausgehöhlt. Man hatte ihr einen Zeiger gelassen. Und der fiel auf die Sechs. Und blieb dort. Die Uhr dachte oft an Stunden. Minuten. Sekunden. Und irgendwann vergaß sie sie. Sie sehnte sich nach anderen Kräften. Einem Element. Dem Meer. Und mit ihrem Uhrkörper, der ja ganz leicht war, sprang sie hinein. Und ließ sich treiben. Hinaus. Auf das offene Meer. Und sie beobachtete die Sonne. Ihren Stand. Und erinnerte sich an die Anfänge alles Uhrseins. Nach einigen Tagen auf offener See hatte die Sonne sie gebleicht. Sie war heller geworden. Lichter. Und irgendwann strandete sie. An einer Küste. Und es kam jemand. Der drehte und wendete sie. Und hob sie auf. Man nahm sie mit. In ein Haus. Und setzte ihr einen Mechanismus ein. Es war eine Spieluhr. Und da, wo früher Raum für die Zeit war, für Stunden, Minuten, Sekunden, waren jetzt Töne. Eine Melodie. Die sie nicht kannte. Aber dennoch in ihrem Innern war. Die Melodie missfiel ihr. Und so ging sie - wenn sie allein war im Haus – durch die Zimmer. Und Räume. Und aß jede Zahl. Die sie finden konnte. Die Melodie leierte. Und stotterte. Sie verschluckte sich. An den Zahlen. Und die Zahlen schlossen sich zusammen. Zu Stunden. Minuten. Sekunden. Und sie bevölkerten die Uhr. Den Raum. Die Straße. Dann die Stadt. Dann schlug es in ihr. Zwölfmal. Die Zeit, das war sie.

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