Ich drücke auf Play. Und warte einen Moment. Dann sehe ich Schnee. Ein schwarz-weißes
Bildrauschen. Und da ist auch Musik. Sie klingt elektronisch. Ich höre genauer
hin. Die Musik besteht aus vier Tönen. Die immer wieder neu kombiniert werden. Ich
habe diesen Film schon so oft gesehen. Seine Länge ist jedes Mal anders. Mal
zeigt der Timer drei Minuten. Ein anderes Mal läuft er über zwei Stunden. Aber
es ist immer der Film. Auch heute werde ich ihn mir wieder ansehen. Das
Fragment. Wenn die Musik endet, beginnt es. Zuerst ist da ein Flackern. Dann
erkenne ich die ersten Bilder. Alles ist in Schwarz-Weiß gehalten. Es ist eine
Stadt. Eine Industriestadt. Mit Fabriken. Schloten. Förderbändern. Und Türmen. Die
Stadt ist durchzogen von einem dichten Netz aus Gleisen. Wenn ich näher
herangehe, sehe ich, dass sie verrostet
sind. Auch die Förderbänder. Stehen still. Die Schornsteine sind erkaltet. Und da
sind auch keine Menschen. Mit der Technik, die ich hier habe, kann ich in die
Gebäude hineingehen. Und so suche ich mir bei jedem Schauen etwas Anderes aus. Manchmal
bin ich in der Werksiedlung. Und erkunde ein Haus. Von innen. Ich gehe von
Zimmer zu Zimmer. Schaue in Schränke. Und Kommoden. Und betrachte die Relikte.
Einer anderen Zeit. Mal schlendere ich durch Fertigungsstätten. Und nehme die
Materialien und Werkzeuge in Augenschein. Ein anderes Mal sitze ich in einer
Kantine. Und trinke Kaffee. Auch das kann ich. Hier. Bei jedem Anschauen des
Films gibt es den Moment, wo ich mich selbst sehe. Beim Verlassen des Ortes, an
dem ich beim letzten Mal war. Ich sehe mich. Kurz nur. Manchmal bin ich kaum
erkennbar. Irgendwo im Hintergrund. Dann wiederum ganz deutlich. Weit vorn. Im
Bild. Heute betrachte ich mich dabei, wie ich aus einem Haus komme. In dem Haus
war ich gestern. Und von dort gehe ich in eine Fabrik. So habe ich immer die
Anschlussszene. Ich gehe also in die Fabrik. Und schalte die Maschinen ein. Sie
brauchen ihre Zeit. Um nach der Sille und dem Stillstand zu sich zu finden. In
ihren alten Rhythmus. Der Rhythmus klingt schön. Er ist gleichmäßig. Und
kraftvoll. Und ich warte. Auf das, was kommen wird. Denn dies ist eine Produktionsstätte.
Und irgendwann ist da etwas. Auf dem Band. Und ich warte, bis es auf meiner
Höhe ist. Dann sehe ich, dass es Filmrollen sind. Ich nehme eine. Vom Band. Und
gehe aus der Fabrik. Damit endet das Fragment. Zuhause lege ich sie ein. In
meinen Projektor. Ich sehe Schnee. Ein schwarz-weißes Bildrauschen. Ich höre Viertonmusik.
Die ich kenne. Und dann sehe ich mich. Ich bin auf diesem Film. Ich bin in
diesem Film. Ich sitze in einem Studio. Und man interviewt mich. Man befragt
mich. Fragmentarisch. Zu Fragmentarischem. Und ich antworte. Fragmentarisch. Auch
ich bin fragmentiert. Wie alles hier. Höre ich mich sagen. Und aus meinem Mund
fallen Töne. Vier. Und sie wachsen heran. Zu Fabriken. Förderbändern. Schloten. Und Türmen.
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