Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Dienstag, 29. August 2023

zeitfalter

 

der sand reicht bis zum kanal/

wo die radios spielen//

ein sprecher zählt orchideen auf//

ihre namen klingen samtig

und erinnern an gefieder//

 

unter dem sand entdecken wir schienen/

denen wir bis hoch in die stadt folgen//

von hier oben sehen wir leuchtschriften//

sie blinken//

NIGHTLIGHT lesen wir//

 

dann hören wir wieder den sprecher//

er kündigt an/

dass etwas aus dem sand kommen wird/

das die zeit faltet//

 

die tage werden schon kürzer//

Dienstag, 22. August 2023

raumforschung//bildgebung

 

wir stehen vor bauten/

die man mit fell überzogen hat//

ringsum nichts als staub/

der auch bleibt/

wenn es hier regnet//

 

innen riecht es ganz erdig//

glaubt man den luftaufnahmen/

die gerahmt in den fluren hängen/

leben auf den flachdächern stattliche tiere//

 

die form der dächer ähnelt dem umriss grönlands/

sagt die legende//

wie ein faustkeil/

ruft jemand

und setzt sich an die orgel auf der 18. etage//

 

ein chor tritt hinzu

und reiht sich am geländer auf//

wie raupen/

heißt es dazu in den fußnoten//

wie wir/

flüstert ein anderer//

 

und der gesang setzte ein/

noch bevor wir auf unseren bildschirmen 

den raum ganz durchschritten hatten//

Donnerstag, 17. August 2023

loop

 

ich bin weit gereist

und wohne jetzt in einem datenzentrum /

die stürme brachten mich hierher /

 

vor meinem fenster blüht der mohn /

oder irgendetwas /

das ich dafür halte /

 

das programm hier führt sich selbst aus /

flugzeuge trinken kerosin /

und das wasser vor dem gebäude fließt rückwärts /

 

die lichter der nahen stadt gehorchen einer zeitschaltuhr /

und das tal dazwischen ist von eisrändern gesäumt /

irgendwo dort muss die kühlanlage sein /

damit mein spiegel nicht beschlägt

 

ich halte mich bereit /

in einer stunde wieder bodenkunde

Mittwoch, 9. August 2023

Restlichtverstärker

 

Der Garten ist heute ganz haarig.

In den Bäumen hängen Frisuren.

Sie bewegen sich im Wind.

Mir gefällt das.

Es ist live.

Endlich.

Denn seit einer Ewigkeit schaue ich auf nichts als Monde,

die man mir nachts einspielt.

 

Bei Sonnenaufgang wechselt das Bild.

Dann sind da Gletscher,

die bläulich schimmern.

Ich friere.

 

Ganz anders die Bäume (es sind wahrscheinlich Tannen),

die ich anmutig finde.

Auf jeder ihrer Etagen gibt es eine Frisur.

Und meine Augen können sich gar nicht satt sehen.

Die Frisuren mästen sie,

bis sich irgendwann nichts mehr bewegt.

Frisuren, Tannen, meine Augen.

Stillstand total.

 

Das ist eine Betonszene,

denke ich.

Und plötzlich sehne ich mich nach einer Landschaft

mit Störchen darin.

Doch das Licht wird jetzt schwächer.

 

Fadeout.