Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Freitag, 10. März 2017

Bildausschnitt



Ich habe mir das zweite Planquadrat ausgesucht. Das zweite von unten. Zur Betrachtung. Auf diesem Teil des Bildes sind Tropfen zu sehen. Die ich bald genauer in Augenschein nehme. Denn ihretwegen bin ich hier. Ihretwegen die lange Reise. Man hat mir die Erlaubnis gegeben, näher heranzutreten. An das Bild. Das raumfüllend ist. Ich befinde mich in einem Industriegebiet. Das Bild hängt in einer Halle. Es wird hier gezeigt. In seiner ganzen Größe. Der Zutritt ist beschränkt. Mir wurde freier Zugang gewährt. In meinem Koffer befinden sich optische Instrumente. Zunächst aber möchte ich alles so betrachten. So. Mit bloßem Auge. Um zu sehen, wie sie auf mich wirken. Die Tropfen. Ich nehme einen Stuhl. Und setze mich vor das Bild. Direkt vor das Planquadrat. Ich sehe unzählige Tropfen. Die jetzt zu tanzen beginnen. Ich gehe in den Rhythmus hinein. Und dann erkenne ich ihn. Es ist ein Regentanz. Man tanzt diesen Tanz. Auf der anderen Seite. Der Erde. Und jetzt ist er hier. Und ich weiß, dass es Einschlüsse gibt. In den Tropfen. Wie bei Bernstein. In dem ich kleine Käfer und Teile von Pflanzen fand. Versiegelt. Im Stein. Jetzt nehme ich eine Lupe. Und betrachte einen Tropfen. Ich sehe Menschen. Darin. Tanzende Menschen. Ich sehe eine Landschaft. Eine Savanne. Dort sind Menschen. Die im Kreis tanzen. Und ich gehe. Über. Zum nächsten Tropfen. Und nehme eine noch stärkere Lupe. Dann erkenne ich den Einschluss: Es ist ein einzelner Tänzer. Der sich dreht. Schneller. Und schneller. Und plötzlich innehält. Um mich anzusehen. Er hält meinen Blick. Und springt dann. Aus dem Bild. Und läuft. Weiter. Ich sehe ihm nach. Lange. Bis ich mich eingeholt habe.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.