Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Freitag, 24. April 2020

Insekten (1)


Diese Szene spielt laut Drehbuch auf einem Platz.

Es ist Abend.

Wir stehen unter Platanen und betrachten den Regen.

Dann kommt das Signal, und wir sehen uns an.

Ungläubig. Denn keiner der Tropfen erreicht den Boden.

Sie verschwinden einfach.

(während des freien Falls – irgendwo mitten in der Luft)

Man ruft uns etwas zu.

Der Regen sei im Süden niedergegangen.

Es geht weiter.

Wir bewegen uns durch die Straßen -

und folgen einem Weg, den uns unsere Erinnerung vorgibt.

(so vermuten wir)

In dieser Gegend hat man Symbole aufgestellt,

die wir nicht kennen.

Wieder sehen wir uns an.

Dabei stehen wir so nah beieinander, dass unsere Fühler sich berühren.

Wieder ruft man uns etwas zu.

Der Regen im Süden erwarte schon unsere Ankunft.

Und dann sind wir plötzlich in einem ganz anderen Raum.

Mittwoch, 15. April 2020

Planetarisches Irgendwo


Wir sind im Seengebiet.

Es regnet.

Und es kommen Flüsse auf uns zu.

Wir gehen weiter -

in südliche Richtung.

Hier muss die Stadt sein -

oder wenigstens ein bewohnter Ort.

Stattdessen treffen wir auf Nester.

Sie sehen zuckrig aus.

Jemand sieht auf seine Uhr.

Das Zifferblatt ist jetzt aus Buchstaben gemacht.

Es läutet.

Die Zeit ist ein Wort.

Es lautet Pflanzen -

und bei Sonnenuntergang Staub.

Dienstag, 7. April 2020

Zuckrige Landschaft


Dieser Platz ist ein Nest.
Und es regnet hier immer.
Steht man in seiner Mitte,
sieht man sich selbst.
Es ist ein Bild aus einer anderen Zeit.

Der Boden des Nests ist aus Staub gemacht.
Er stammt von den Insekten,
die hier wohnen.
Mancher sieht Sand und Strände darin.

Dieser Platz ist ein Seengebiet -
mit seltenen Pflanzen.
In seiner Mitte liegt ein Ort, 
wo man Symbole findet.
Sie stammen aus einer anderen Zeit.

Die Wände des Nests sind aus etwas Weißem gemacht.
Es stammt von den Insekten,
die hier wohnen.
Mancher sieht Berge und Täler darin.

Dieser Platz ist ein Hochgebirge.
Und auch hier wachsen seltene Pflanzen.

Freitag, 3. April 2020

Stadtbild


Man lebt jetzt im Innern der Maschinen.

Schaut man hinaus, fällt der Blick auf eine Lichtung.

Dort sind Spuren zu sehen.

Sie könnten von den Maschinen stammen -

und führen hinüber zu den vorgelagerten Inseln.

Der Form nach ähneln sie einem Trapez.

Hier herrscht immer Wind,

und alles zerstreut sich -

auch das Mauerwerk der einstigen Häuser.

Es haben sich Gassen aus Staub gebildet.

Dazwischen verlaufen die letzten Leitungen.

Auch in ihnen strömt jetzt der Wind.

Und sogar die Vögel der Inseln folgen diesem Strom -

geleitet von der Sehnsucht nach einem Außen.

Mittwoch, 1. April 2020

Ballhaus


Man bewegt sich jetzt frei in den Wellen der Wälder,

wo man auch Zimmer hat.

Dort träumt man sich in den Sound hinein,

der von ihnen ausgeht.

In Bodennähe spielt man mit gelben Narzissen,

die hier ganz kalt sind -

und schreibt ihnen Klänge zu.

Sie sind hörbar bis in die Wipfel der Bäume.

Dort oben lauschen die Vögel jetzt still ihren Gedanken.

Und das, was sie währenddessen tragen,

erinnert an Kopfhörer.