Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Dienstag, 31. Juli 2018

Flusslandschaft


Ich bin auf einem Empfang
der unbehauenen Steine.
Sie entstammen den Bergen –
und sind mit der Sonne verwandt.

Ihr Haus liegt an den zusammenfließenden Wassern.
Von hier habe ich einen direkten Blick auf die Inseln
(man sagt, auf ihnen gäbe es ein gläsernes Tor).

Jetzt höre ich die Seerose mit der wohlklingenden Stimme
(ich habe ihr schon häufiger gelauscht).
Sie erzählt mir eine Geschichte, die weit zurückreicht:
Einst verwahrten weiße Seegewächse hier Nordlichter in tonernen Gefäßen –

denen Äonen später die Schönheit entsprang.

Freitag, 27. Juli 2018

COSMIC WEB


Ich folge einer Spur.
Sie ist aus Strandgut und Algen.
Dann stehe ich vor einem Haus.
Es ist weiß und strahlt Kühle aus
(es könnte aus Schnee sein).

Innen ist es ganz leer – leerer als leer –
ein weißes Nichts.

Ich spüre ein Vakuum,
das sich auch meiner bemächtigt.

Ich muss etwas denken –
in diesen Raum hinein, damit er sich füllt.

Und ich denke diesen Gedanken.

Ich sehe eine Liege, Kabel und Aufzeichnungsgeräte.
Das ist ein Schlaflabor. Hier liege ich –
und lausche den Klängen einer roten Uhr.

Meine Augen sind geschlossen.
Langsam lasse ich Wasser wachsen –
wie eine Säule steigt es auf –
bis es die Satelliten berührt –
dann auch die Sterne.

Ich spüre die Wechselströme
zwischen Wasser und Orion.
Auch ist da eine planetarische Spannung –
sie geht von den Eisriesen aus - Uranus und Neptun.

Ich öffne die Augen und blicke hinüber zur Uhr.
Ihr Zifferblatt ist verschwunden.
Dort, wo es war, erscheint jetzt eine Leuchtschrift.

Und ich lese: LOST IN SPACE

Mittwoch, 25. Juli 2018

Multiversum


Das Kino gleicht einem Gewölbe –
mit seiner erloschenen Leinwand.

In seinen Gängen begegnet mir Amorphes.
Es könnten Meerestiere sein –
oder Webspuren.

Sie führen mich zu einem Monitor.
Ich berühre ihn. Buchstaben blinken:
SIMULATION GAME

Links von mir ist eine Kamera – ihre Kontrolllampe leuchtet.

Die Leinwand verändert sich jetzt -  und es erscheinen Gebirge.
Auf jedem Gipfel lebt eine andere Zeit
(irgendetwas flüstert mir das zu).

Und es entstehen Verbindungen zwischen den Spitzen der Berge –
die sich zu einem Netz verdichten.

Ich balanciere darin –
und bewege mich zwischen Algorithmen und Kreidezeichen.

Dann höre ich etwas.
Es ist ein Lichtjahr, das auf mich zukommt.
Der Raum verdoppelt sich.
Und auf der Leinwand erscheint jetzt eine Sanduhr.

In ihr schiebt sich ein Mond vor die Sonne.
Es dunkelt.

Und der Film beginnt.