Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Dienstag, 21. März 2017

Mineralische Szene



Es glitzert. Und wenn ich mit meiner Hand darüber streiche, fühlt es sich fest an. Starr. Trotzdem gelingt es mir, dieses Gebilde (es ist ein Vorhang) beiseite zu schieben. Dahinter zeigt sich, was sich eigentlich immer dahinter zeigt: Eine Bühne. Eine Bühne. Und dann der Zuschauerraum. Die Lichtverhältnisse sind so, dass ich die Reihen und Ränge nicht sehen kann. Da ist nur ein Raum. Und er liegt dort. In einem schwachen Dunkel. Die Bühne hingegen ist gut ausgeleuchtet. Und schon sind da Menschen. Auf der Bühne. Sie sind jetzt zu viert. Sie gehen umher. Angespannt. Manchmal stoßen sie aneinander. Und dann beginnt einer zu sprechen. Er spricht über Mineralisches. Und ich denke an das, was ich trinke. An die gelösten Stoffe. Die ich hinunterspüle. Und die sich dann binden. In mir. Hier auf dieser Bühne geht es jedoch um etwas anderes. Es geht um Steine. Steine. Handtellergroß. Die sich die vier jetzt zuwerfen. Es ist kein fester Wurf. Und jeder Stein wird gefangen. Dann setzt man sich. Um einen Tisch. Jeder mit einem Stein. In der Hand. Und beidhändig werden die Steine aufgebrochen. Das geht ganz leicht. Als wären sie aus feinstem Glas. Aber hier splittert nichts. Jetzt liegen acht Steinhälften auf dem Tisch. Die man dreht. Und wendet. Und zusammenschiebt. Und nochmal auseinandernimmt. Und dann hineinschaut. In jede einzelne Hälfte. Und in jeder Steinhälfte steckt ein Zettel. Er ist gerollt. Und wird zusammengehalten. Durch ein Bändchen. Man öffnet die Zettel. Man entrollt sie. Und was jetzt hier spricht, ist die Zukunft. Die Zukunft spricht von anderen Erden. Von Glück. Hoffnung. Und Zuversicht. Und jetzt wiederholt man, was man vorhin schon tat: Man schiebt die Steine zusammen. Die Steine werden ganz flüssig. Und bilden eine Kugel. Die nun aufsteigt. Und sich langsam dreht. Jetzt ist der Zuschauerraum hell erleuchtet. Niemand sitzt dort. Niemand, der schaut. So ist es die Probe. Einer mineralischen Szene.

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