Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Sonntag, 3. Juli 2016

Im Gang



Da ist ein Knacken. Hinter der Tür. Ich blicke auf. Und sehe durch die Scheibe. Weißes Licht. Dahinter. Ich öffne die Tür. Dichter Nebel. Es ist Nebel. Kein Rauch. Der Nebel ist hell. Und leuchtet. Von innen. Ich gehe hinaus. Aus meinem Zimmer. Und hinein. In den Nebel. Und jetzt, da ich mich durch den Nebel bewege, höre ich Töne. Wie von weither. Es sind wohlklingende Töne. Aber ihrer Art nach sind sie mir fremd. Sie klingen verrutscht. Wie verdreht. Und gekippt. Die Noten baumeln. In der Partitur. Haltlos. Und die Notenköpfe schlagen ganz leicht aneinander. Wie feines Glas. So könnte es sein. Mit den Tönen. Mit dem Nebel hat es noch etwas anderes auf sich. Denn der Gang vor meinem Zimmer ist jetzt anders. Irgendetwas geht hier vor sich. Ich laufe jetzt schon einige Zeit. Immer geradeaus. Durch den Nebel. Aber der Gang verläuft anders. Denn meine Wohnungstür zeigt sich nicht. Auch sind keine Wände mehr da. Und sogar der Boden ist anders. Kein Holz, auf dem ich gehe. Stattdessen laufe ich. Wie auf Watte. Es ist ein unbeschwertes Gehen. Und auch mein Körper fühlt sich ganz leicht an. Schwerelos fast. Ich blicke an mir hinunter. Und sehe nichts. An mir. Keine Hände. Keine Beine. Da ist nichts. Obwohl ich doch spüre, wie ich mich bewege, wie ich laufe, sehe ich nichts. Ich beschließe, mich umzudrehen, die Richtung zu wechseln und wieder zurückzugehen. Irgendwo wird die Tür sein. Das Zimmer. Aus dem ich kam. Ich drehe mich um. Und blicke in die entgegengesetzte Richtung. Alles ist schwarz. Im Gang. Vor mir. Es ist eine Schwärze, die nichts zeigt. Nicht einmal Schemen. Ich zögere. Gehe aber weiter. Und vertraue darauf, in dieser Schwärze gut aufgehoben zu sein. Und den Weg zurückzufinden. So gehe ich. Und höre meine Schritte. Und weiß, dass ich denke. Dann spreche ich laut. In das Schwarz hinein. Um meine Stimme zu hören. Und irgendwann bin ich in meinem Zimmer. Ich sehe mich. Auf einem Stuhl sitzen. Und ich sehe mich denken. Über das Weiß. Und das Schwarz. Das ich durchschritten habe. Im Gang. Und dann schließe ich. Die Tür.

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