Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Donnerstag, 14. Juli 2016

Doppelter Schluss (II)



Diese Fläche war neu. Für mich. Denn in den letzten Tagen war hier etwas Gebauschtes, Aufgebauschtes, Schaumiges. Gewesen. Jetzt sah es aus wie ein Spiegel. In dem sich dann auch alles zu spiegeln begann. So waren die Vögel doppelt. Die Wolken. Und auch die Sonne. Nachts waren es die Sterne. Wir hatten die Sternbilder. Doppelt. Den Großen Wagen. Und das Kreuz des Südens. Auch war doppelt: Der Mond. Es war doppelte Mondzeit. Es war Spiegelzeit. Es war doppelte Sonnenzeit. Und wir wurden ein wenig leichtsinnig. Weil wir jetzt alles doppelt hatten. Und dann geschah es:  Die eine Sonne fiel. Ins Meer. Und wir wussten gar nicht, wo genau sie eigentlich war. Vielleicht war sie zerbrochen. Oder hatte sich aufgelöst. War auf den Grund des Meeres gesunken. Dort erkaltet. Und ohne Licht. Wir tauchten. Und fanden die Sonne. Tatsächlich. Auf dem Grund des Meeres. Ganz leuchtend. Dort unten begann es zu wachsen. Es gab Pantoffeltierchen. Amphibien. Später Vierbeiner. Dann Zweibeiner. Das waren wir. Doppelt. Wir lebten. Dort unten. Hatten Schwimmhäute. Und sprachen. Eine andere Sprache. Die ich als sehr kostbar empfand. Sie war reich. Weil sie von etwas anderem sprach. Und wenn ich uns dort unten lauschte, dann schmeckte ich etwas. Und hörte. Roch. Und sah. Mit offenen und geschlossenen Augen. Und es formte sich eine Melodie. Daraus. Die sich verband. Mit der Melodie von anderen. Und sie war hörbar. Auch oberhalb und außerhalb des Wassers. Sie klang weit. Und sie klang klar. Und dann fiel auch die zweite Sonne. Hinab. Und sank. Auf den Grund. Des Meeres.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.