Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Sonntag, 2. April 2017

Augenregen

Am Anfang vermutete ich es im Außen. Ihn. Den Regen. Irgendwann kam ich damit nicht weiter. Draußen schien die Sonne. Seit Wochen schon. Der Boden war trocken. Und die Zeitungen sprachen bereits von einer Dürre. Vor meinen Augen jedoch regnete es. Es regnete für mich. Ohne Unterlass. Und ich hatte keine Erklärung dafür. Es war kein Weinen. Obwohl mir jetzt immer häufiger danach zumute war. Weil es nicht aufhörte. Mit dem Regen. Es war ein gleichmäßiges, dichtes Fallen der Tropfen. Einem Vorhang gleich. Nur nachts, wenn ich schlief, blieb der Regen aus. Sobald ich erwachte und meine Augen öffnete, setzte er wieder ein. Ich untersuchte meine Augen. Nach Drüsen. Sie mussten sich ja am oberen Lidrand befinden. Aber da war nichts. Ich stellte mir Wolkenfelder vor. Hinter meinem Auge. Oder auch darüber. Die sich abregneten. Aber auch diese Wolken mussten sich ja bilden. Sie mussten aufziehen. Und sich verdichten. Und mir wurde der ununterbrochene Regen vor meinen Augen zunehmend lästig. Denn mir verschwamm alles. Andererseits (so überlegte ich) trat alles heraus. Aus mir. Vielleicht sollte ich es als befreiend empfinden. Als etwas ausnahmslos Schönes. Dann aber untersuchte man meine Augen. Und verschrieb mir etwas. Seither gehen meine Augen spazieren. Im Nachtregen. Meines Schlafs.

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