Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Donnerstag, 20. April 2017

Trichterfeld





Die Landschaft ist karg. Sie ist aus Asche. Und erkalteten Lavaströmen. Ich aber lebe hier. In diesem Schwarz. Ich habe ein Feld. Neben meinem Haus. Auf dem ich viel Zeit verbringe. Es ist beschwerlich, etwas anzubauen. Ich habe Trichter ausgehoben. In der dunklen Erde. Dicht. An dicht. Und Setzlinge hineingepflanzt. Es regnet nie. Deshalb die Trichter. In denen sich der Morgentau sammelt. Die Trichter sind Speicher. Die meine Pflanzen mit Wasser versorgen. Und so gedeihen sie. Tatsächlich. Auf meinem schwarzen Feld. Ich habe Kartoffeln. Bohnen. Und Mais. Das ist meine Basis. Eine gute Basis. Auf dieser Insel. Heute jedoch ist etwas geschehen. Auf meinem Feld. Es gibt dort einen Trichter. In den ich noch nichts gepflanzt habe. Der also leer ist. Trotzdem wächst da etwas. In ihm. Heran. Und jetzt erkenne ich es: Aus dem Trichter wächst ein Trichter. Heraus. Er schiebt sich aus dem Boden. Wird größer. Immer größer. Und entfaltet sich. Breit. In mir ist ein Widerstand. Gegen diesen Trichter. Ich weiß nichts mit ihm anzufangen. Und ich habe Angst um meine Pflanzen. Der Trichter ist jetzt derart in die Höhe gewachsen, dass ich gar nicht mehr in ihn hineinschauen kann. Nachdem ich ihn mehrmals umkreist habe, hole ich eine Leiter. Um über den Trichterrand zu blicken. Und von dort sehe ich, dass der Trichter weit ins Erdreich reicht. Wie ein Schacht. Der von innen beleuchtet ist. Ich bin mir unsicher, was ich tun soll. Einerseits möchte ich den Trichter erkunden. Andererseits fürchte ich mich davor. Schließlich nehme ich ein Seil. Und befestige es an meiner Veranda. Das andere Ende lege ich um meine Taille. Und verknote es. Fest. Dann klettere ich in den Trichter. Und steige hinab. Dort unten sehe ich ein Haus. Ein schwarzes Feld. Dann mich. Und ich beobachte mich dabei, wie ich in einen Trichter steige. Und die Ebene darunter erreiche. Auch dort finde ich alles wieder so vor. Das Haus. Das schwarze Feld. Dann mich. Und ich steige in den nächsten Trichter hinein. Ich steige. Und steige. Und irgendwann löst sich das Seil.  

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