Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Samstag, 8. April 2017

Von gläsernen Türen



Ich habe die Türen nie befragt. Zu ihrem Türsein. Und ihre Undurchlässigkeit seit jeher als gegeben hingenommen. So blieb ich stets vor ihnen stehen. Drückte sie auf. Öffnete sie mit einem Schlüssel. Oder ließ mir öffnen. Durch ein Signal. Jetzt weiß ich, dass ich einfach durch sie hindurchgehen kann. Durch ihr Glas. Das für mich durchlässig ist. Seit gestern. Ich kann sie passieren. Diese Türen. Aus Glas. Das vereinfacht manches. Erzeugt aber auch Aufmerksamkeit. Die meisten, die mich dabei sehen, halten es für eine optische Täuschung. Ein Versehen. Sie reiben sich die Augen. Und schauen sich um nach etwas, das ihnen dieses Bild zugespielt hat. Aber eigentlich interessiert mich das nicht. Was mich interessiert, ist dieses neue Vermögen. Das Vermögen, durch Glas zu gehen. Ohne, dass etwas zerbricht. Ich suche viele Türen auf. In der Stadt. Und werde mutiger. Von Mal zu Mal. Doch da ist etwas, das mich ängstigt. Meine Angst besteht darin, im Glas steckenzubleiben. Und selbst zu Glas zu werden. Sodass niemand mich sieht. In meinem Dasein. In der gläsernen  Schwelle. Ich würde tagein, tagaus aufgestoßen. Und wieder zugestoßen. Und schlimmer noch: Schwingen. Hundertfach. Tausendfach. Vor. Und zurück. Mein Sehnen würde dann größer. Von Tag zu Tag. Mein Sehnen danach, dass diese Tür zerbricht. Das Glas zerberstet. Und ich den Ausstieg finde. Aus dieser Tür. Die mich doch hält. Während ich sie zu passieren gedenke. Ein weiteres Mal.

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