Das Gebäude, das ich nahezu täglich
aufsuche, ist ein Hochhaus. Es besteht aus einhundertdrei (103) Etagen.
Dementsprechend lang benötigt der Aufzug. Denn der Ort, den ich aufsuche, liegt
im obersten Stockwerk. Ich komme schon seit langem hierher. Es sind viele
Jahre. Dennoch ist mir im Aufzug nie jemand begegnet. Ich fahre immer allein.
Und verfolge auf dem Display, wie sich die Zahlen ändern. Vom einstelligen in
den zweistelligen in den dreistelligen Bereich. Das ist der Bereich, wo ich den
Aufzug wieder verlasse. Gegenüber des Aufzugs ist eine Glastür. Ich öffne sie. Mit
meinem Fingerabdruck. Dann folge ich einem langen Gang. Und laufe auf einen
Tisch zu. Hier gibt es einen Ablagekorb. Der mit meinem Namen beschriftet ist.
Es liegt wieder ein Umschlag darin. Wie jedes Mal. Ich nehme ihn heraus. Und
spüre das Wattierte des Umschlags. Und auch das Schwere darin. Ich lege den
Umschlag in meinen Aktenkoffer. Gehe den Gang zurück. Öffne die Glastür. Und steige
in den Aufzug. Ich habe in all den Jahren hier im Gebäude noch nie jemanden gesehen.
Weder auf Etage einhundertdrei (103). Noch unten. In der Lobby. Heute tue ich
etwas, was ich noch nie getan habe. Ich drücke einen anderen Knopf. Den einer unbekannten
Etage. Der Aufzug hält. Auf der zweiundsiebzigsten (72.) Etage. Und ich steige
aus. Hier ist alles genauso, wie auf Etage einhundertdrei (103). Auch die
Glastür lässt sich öffnen. Mit meinem Fingerabdruck. Ich folge dem Gang. Und gehe
zu dem Tisch. Mit dem Ablagekorb. Der mit meinem Namen beschriftet ist. Und ich
nehme den wattierten Umschlag heraus. Mit etwas Schwerem darin. Auch diesen
Umschlag verstaue ich in meinem Aktenkoffer. Ich gehe zurück. Und fahre in die
achtunddreißigste (38.) Etage. Und auch hier wiederholt es sich: Die Tür. Der
Gang. Der Tisch. Der Ablagekorb. Ich fahre nach unten. In die Lobby. Und habe
jetzt drei Umschläge in meinem Aktenkoffer. Später lege ich die drei Umschläge
auf meinen Arbeitstisch. Und sehe sie mir lange an. Dann öffne ich den ersten. Und nehme etwas
Schweres heraus. Es ist eine Steintafel.
Sie trägt eine Nummer: Einhundertdrei (103). Mein ganzes Haus besteht aus
Tafeln mit ebendieser Nummer. Einhundertdrei (103). Schicht. Für Schicht. Sie ist die einzige Zahl, die ich kenne.
Anerkenne. Und jetzt öffne ich die beiden anderen Umschläge. Vor mir liegt die
Zweiundsiebzig (72). Und die Achtunddreißig (38). Ich nehme die beiden Steintafeln. Gehe auf das
Dach. Meines Hauses. Und werfe sie hinunter. Auf den Asphalt. Der Straße. Auf
der auch nie jemand ist. Die Tafeln zerspringen. In viele Teile. Eigentlich
müsste ich die Scherben aufsammeln. Aber hier ist niemand, der sich verletzen
könnte. Ich nehme meine leere Aktentasche. Und gehe zurück. Zu dem Hochhaus.
Jeden Tag fahre ich von nun an in eine andere Etage. Und nehme einen Umschlag.
Mit einer Tafel. Darin. Jeden Tag ist die Nummer eine andere. Und immer werfe
ich sie dann hinunter. Von dem Dach. Meines Hauses. Auf den Asphalt. Der Straße.
Die jetzt selbst immer mehr zu einer Steintafel wird. Einer großen. Und auf der
Tage später eine Zahl erscheint. Die ich nicht zuordnen kann. So rechne ich.
Mehrere Tage lang. Und dann komme ich zu einem Ergebnis. Was sich dort zeigt
(auf der Steintafel) ist die Quersumme aller Zahlen, die ich auf die Straße
warf. So geht alles auf. In dieser steinigen Zahl. Die sich mir jetzt zeigt.
Als Ergebnis.
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