Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Mittwoch, 5. April 2017

Nachtreise



Der Zug war alter Bauart. Wir schoben die Bänke zusammen. Und verbrachten die Nacht schweigend. Ich hatte Kerzen angezündet. Im Abteil. Wir tranken rote Getränke. Die bitter schmeckten. Und gut. Es gab Schalen mit Früchten. Und wir hatten das Fenster ein wenig geöffnet. Sodass der Nachtwind hereinkam. In diesem Schweigen fand ich etwas. Es lag darin. Es waren Worte. Nichtgesagtes. Nichtgehörtes. Nichtgedachtes. Diese Worte mussten Geschenke sein. Dieser Nacht. Und dieser Landschaft. Die sich mir entzog. Durch das Dunkel. Alles in diesem Abteil wurde zurückgeworfen. Durch das Fensterglas. Sodass es doppelt war. Und sich noch ein weiterer Raum zeigte. Mit Kerzen. Früchten. Und roten Getränken. Und da war ich. Noch einmal. Und auch sie. Die mir gegenübersaß. Und mich ansah. Aus ruhigen Augen. Und mit der ich Blicke tauschte. In stillem Einvernehmen. Schon seit Stunden. Die Luft wurde würziger. Je südlicher wir kamen. Sie roch nach Rosmarin. Und dann atmete ich den Duft der Pinien. Sie waren Boten. Vorboten. Unseres Ziels. Dem wir uns in dieser Nacht näherten. Und dann tauschten unsere Münder doch ein Wort. Noch vor der Ankunft. Und die Pinie griff nach uns. Und setzte uns aus. In die Landschaft.  

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