Irgendwann nahm ich ein Fernglas zur Hand. Im
Wohnzimmer waren die Bücherregale mittlerweile so weit entfernt, dass ich sie
nicht mehr deutlich erkennen konnte. Die Entfernung betrug vom Kamin aus bereits
mehrere hundert Meter. Und vergrößerte sich. Täglich. Im Bad erging es mir
ähnlich. Mein Weg von der Tür bis zur Wanne glich einem Spaziergang. Ich mochte
dieses Gefühl von Weite. Die Fläche, die ich jetzt bewohnte, hatte jedoch eine
Weitläufigkeit, die ich kaum mehr ermessen konnte. Aber ich hatte mein
Fernglas. Manchmal nahm ich auch eine Lupe zur Hilfe. Oder ein Mikroskop. Um
alles nah zu haben. Mein Tagesablauf änderte sich. Denn ich hatte jetzt weite Strecken
abzulaufen. In meiner Wohnung. Der morgendliche Weg führte mich vom Schlafzimmer
in die Küche. Dann ins Bad. Von dort ins Wohnzimmer. Und zurück ins
Schlafzimmer. Noch einmal ins Bad. Und schließlich den Flur hinunter. Bis zur
Eingangstür. Dieser Gang durch meine Wohnung nahm eine gute Stunde in Anspruch.
Reine Wegzeit. Heute ist Sonntag. Und ich stehe vor meinem Haus. Ich möchte
wissen, ob ich ihm das, was im Innern geschieht (die Ausdehnung der Räume), von
außen ansehen kann. Ob das Haus verzerrt aussieht. Oder sich Ausstülpungen
zeigen. Aber es scheint wie immer. Ich überlege, jemanden im Haus anzusprechen.
Mich beschäftigt die Frage, ob bei anderen Ähnliches geschieht. Ich bin mir
jedoch unschlüssig, wie ich das Gespräch darauf lenken soll. Auf die Tatsache,
dass bei mir alles in weiter Ferne liegt. Sich die Wege verlängern. Jeden Tag
mehr. Deshalb lausche ich zunächst. Auf die Schritte in der Wohnung über mir.
Ob ich von ihnen etwas ableiten kann. Vielleicht ist da eine andere Intensität.
Oder Dauer. Die mir einen Hinweis gibt. Ich höre aber nichts. In dieser
Richtung. Ich sehe mir die Nachbarn an. Wenn sie das Haus verlassen. Ob ich
eine Veränderung wahrnehme. An ihrem Gang. Ob sie müder wirken. Durch die
Anstrengungen. Der Entfernung. Aber es bleibt dabei. Es bleibt bei mir. Das
Ferne. Alles rückt noch weiter ab. Und ich gehe weiter. Tag für Tag. Aber ein
Tag wird kommen. So wird es kommen. Ein Tag, an dem die Ferne naht.
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