In dem Raum, den ich gleich betreten werde,
ist etwas versteckt. Das sagte man mir. Man hat es mir angekündigt. Und es hat
sich auch schon herumgesprochen. Bei denjenigen, die Rätsel mögen. Bilderrätsel.
Wir alle fühlen uns angezogen. Von diesem Raum. Und ich bin weit und lang
gereist. Um ihn aufzusuchen. Ich habe mich im Nebengebäude einzufinden. Dort
erwartet man mich. Die Person, die ich dort bei meiner Ankunft vorfinde, ist festlich
gekleidet. Ganz in Schwarz. Sie trägt einen Frack. Ein schimmerndes Hemd. Dazu
dünne Handschuhe. Aus schwarzer Gaze. Sie begleitet mich zu dem Raum. Und
öffnet das Portal. Dann verbeugt sie sich leicht. Und wünscht mir Einen guten Aufenthalt. Zunächst
passiere ich eine Vorhalle. Und komme dann in den eigentlichen Raum. Ich habe
mein Ziel erreicht. Die Deckenhöhe ist für meine Augen unermesslich. (Ich sehe
keinen Abschluss. Dort oben.) Ich glaube jedoch nicht, unter freiem Himmel zu
stehen. Die Akustik und auch der Zustand des Raums (der keine Spuren von
Verwitterung aufweist) bestärken mich darin. Der Raum selbst ist komplett in
Weiß gehalten. Ich trete näher heran: Es ist weißer Marmor, der in sich
keinerlei Struktur oder Maserung aufweist. Es ist also sehr weiß hier. Ich bin
von reinstem Weiß umgeben. Der Raum ist quadratisch. Und ich gehe ein wenig
umher. Auf und ab. Um ein Gefühl für den Raum zu bekommen. Und meine Augen
beginnen schon jetzt, die Wände und den Boden abzusuchen. Nach den vier
Figuren. Die sich hier versteckt halten. Der Aufenthalt in diesem Raum ist
zeitlich begrenzt. Auf eine Stunde. Die Nachfrage ist groß. Nachdem ich die
Wände und den Boden mehrmals systematisch untersucht habe, konzentriere ich
mich mehr und mehr auf die Ecken. Von denen ich vermute, dass sich dort die
Figuren verbergen. Und so gehe ich immer wieder in die einzelnen Ecken. Und
mich interessiert besonders die Stelle, wo die Wände aneinanderstoßen. Diese
Kante. Oder. Diese Kanten. In diesem Kantigen könnten sie sein. Die Figuren.
Aber ich sehe nichts. Was ich jetzt sehe, sind Kameras. Die meinen Bewegungen folgen.
Das irritiert mich. Und ich fühle mich gestört in meinem Mit-Mir-Selbst-Sein.
Und dem Suchen- und Findenwollen der Figuren. Nach einigen Minuten gelingt es
mir aber, die Kameras auszublenden. Ich werde die Perspektive wechseln,
überlege ich. Und die Ecken mit Abstand betrachten. Dann gehe ich wieder in die
obere linke Ecke. Diesmal ganz nah. Und suche alles ab. Mit meinen Augen. Die
bereits zu schmerzen beginnen. Ich strenge sie an. Ich strenge sie an. Und
erhoffe mir einen Befund. Einen Fund. Einen Figurenfund. In wenigstens einer
der Ecken. Ich bin besessen von diesem Fund. Ich möchte mit meinen Fingern,
meinen Nägeln den Marmor aufkratzen. Aufreißen. Um dort im Innern weiterzusuchen.
Nach den Figuren. Aber ich erinnere mich: Hier in diesem Raum herrscht striktes
Berührungsverbot. Und so laufe ich immer wieder von Ecke zu Ecke. Ich bin
getrieben. Haltlos. Kopflos. Meine Gedanken verlieren an Klarheit. An Struktur.
Und sie beginnen zu rasen. Es ist Raserei, die sich jetzt zeigt. An und in mir. Dann öffnet sich das
Portal. Ganz weit hinten. Und man ruft mich. Ich laufe durch die Vorhalle. Dem
Ausgang entgegen. Plötzlich fühle ich mich befreit. Und ich möchte diesen Ort verlassen.
Da ist wieder die Person. Im Frack. Sie sieht mich an. Und beim Schließen des
Portals wendet sie sich mir noch einmal zu. Und lässt mich etwas wissen: Die Figur sind Sie.
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