Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Montag, 23. Januar 2017

Im Innern



Wenn ich schlafen möchte, ziehe ich mich in einen Winkel zurück. Manchmal ist das ein Platz in meinem Kopf. Oder in meinem Magen. Ich habe auch schon in meinem Knie geschlafen. Mich hat lange die Frage beschäftigt, wo ich eigentlich bin. Und bleibe. Während des Schlafs. Mich jetzt an diesen Orten zu wissen, beruhigt mich. Und so kann ich mich selbst beim Aufwachen gut wiederfinden. Bevor ich diese Technik für mich entdeckte, war ich oft ortlos. Und unverankert. Was ich manchmal auch genoss. Denn ich zog aus. Und bevölkerte Gebirge. Bücher. Das Fell von Hunden. Einmal war ich auch in einem Rechner unterwegs. Lief Pfade ab. Sprang von Datei zu Datei. Las. Und betrachtete Bilder. Und wusste mehr. Danach. Ich hatte auch gelernt, Verbindungen herzustellen. Verknüpfungen. Zwischen einem Ort außerhalb meiner selbst. Und mir. So war ein Netz entstanden. Das sich immer weiter verästelte. Und so band ich neue Dinge ein. Die eigentlich nichts mit mir zu tun hatten. Damit meine ich: Zu denen nicht ich mir selbst Zugang verschafft hatte. Mein Eindruck war nicht unmittelbar. Sondern vermittelt. Durch Andere. Es waren Bilder. Die ich nicht gesehen hatte. Düfte. Nicht von mir gerochen. Melodien. Nicht von mir gehört. Und Gefühle. Die ich nicht selbst gespürt hatte. Und obwohl mich diese Eindrücke nicht direkt geprägt hatten (im Ursprung), hinterließen sie Ausbuchtungen. Einen Eindruck in mir. Im ganz wortwörtlichen Sinn. Ich wurde geprägt. Und ich wölbte mich. Von innen. Nach außen. Und so war ich zu einem Gewölbe geworden. Irgendwann verlor ich mich darin. Ich rief. Und hörte doch nur das Echo meiner eigenen Stimme. So kehrte ich zurück zu mir. Und seither sind es die Schlafwinkel. In meinem Innern. Die mir Ruhe geben.  

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