Augen

Man hatte mir davon erzählt. Dass ich sie sehen könnte. Dass sie mich ansehen würden. Und so ging ich. Hinein. Der Raum war ein Kreis. Über mir eine gläserne Kuppel. Und da waren sie. Überall. Augen. Sie steckten im Glas. Sie waren über die Wände verteilt. Bis zum höchsten Punkt der Kuppel. Es waren lebende Augen. Die meinen Bewegungen folgten. Und sich gegenseitig Blicke zuwarfen. So sah ich sie. Sie waren grün. Blau. Braun. In allen Schattierungen dazwischen. Da waren Wimpern. Helle und dunkle. Es gab ganz junge Augen. Sehr alte Augen. Und Augen dazwischen. Als ich näher herantrat, sah ich, dass es kein Glas war. In dem sie steckten. Es war gallertartig. Aber so klar, dass ich zwischen den Augen hindurchsehen konnte. Hinaussehen konnte. Draußen wechselten die Tageszeiten. Mal war es hell. Mal dunkel. Dann dämmerte es wieder. Ich konnte den Sonnenaufgang und ihren Untergang nicht auseinanderhalten. Das Licht war rötlich. Ich sah die Augen an. Jeder Blick erreichte mich anders. Es war stets eine Spannung, die von ihnen ausging. Von einigen eine niedrige. Von anderen eine sehr hohe. Ich spürte das Feld, das sich zwischen uns aufbaute. Es war wie eine Speisung. Eine Einspeisung. Von Strom. Der durch meine Augen in mich eintrat und mich durchfloss. Irgendwann schloss ich meine Augen. Um für einen kurzen Moment innezuhalten. Und als ich sie wieder öffnete, waren alle Augen geschlossen. Ich sah auf ein schlafendes Augenfeld. Einen schlafenden Augenbehang. Und ich bewegte mich leise. Noch näher an den Rand des Raums. Um hinauszusehen. Ich blickte hinaus. Und dort draußen traf ich auf etwas. Ich traf es mit meinen Augen. Und ich wusste nun, dass genau dies, dieses Augentreffen, der Grund meines Hierseins war. Es gibt eine Sehnsucht der Augen. Die ich lange mit einer Sehsucht verwechselt hatte. Das Sehnen löste sich. Und strömte in das, was ich traf.