Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Dienstag, 28. Februar 2017

Luminary



Heute sind sie mir zum ersten Mal aufgefallen. Als ich über den Boulevard spazierte. Sie kamen mir entgegen. Leuchtende Menschen. Sie gingen an mir vorüber. Und als ich mich nach einigen Schritten nach ihnen umsah, waren einige von ihnen wieder erloschen. Ich setzte meinen Weg fort. Und schon kamen mir die nächsten entgegen. Leuchtkörper. Ich setzte mich an einen Tisch. In einem Straßencafé. Von hier hatte ich die Passanten gut im Blick. Und auch auf der Terrasse waren sie. Einige waren ganz hell. Wie von innen beleuchtet. Vielleicht tranken sie phosphorisierende Getränke. Frühstückten Glühbirnen. Oder hatten Sonnen. In sich. Und dann erloschen sie. Wieder. Wie ausgeknipst. Ich versuchte, das Gesetz hinter dem Leuchten zu finden. Eine Gesetzmäßigkeit. Einen Auslöser. Auslöser traf es gut. Denn sie gingen ja. Aus. Um irgendwann wieder anzugehen. Vielleicht waren da Kontakte. Im Pflaster. An den Ampeln. Oder in den Platanen. Vielleicht gab es sogar Kontaktstellen. In den Läden. Geschäften. Und Restaurants. Möglicherweise waren da Lichtschranken. Die sie passierten. Am Tisch neben mir saß jemand. Dann sah ich, dass auch er leuchtete. Ich sprach ihn an. Auf das, was ich sah. Er antwortete mir nicht. Stattdessen blickte er mich an. Aus leeren Augen. Es waren erloschene Augen. So wie er selbst jetzt. Ein ausgeschalteter Körper. Dann stand er auf. Nach einigen Metern begann wieder dieses Leuchten. Und er kam zurück zu mir. An meinen Tisch. „Ich bin ein Schein“, sagte er. Und strahlte.

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