Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Montag, 10. Oktober 2016

Wasservorhang



Ich ziehe ihn zu. Den Vorhang. Das Gewebe. An dem ich lange gearbeitet habe. Viele Nächte. In meinem Haus. An den unzähligen Webstühlen. Die ich hier habe. Es sind immer mehr geworden. Mit den Jahren. Ich zähle sie nicht mehr. Sie stehen in allen Räumen. Im Garten. In den Ställen und Schuppen. Zunächst habe ich Tropfen aneinandergereiht. Zusammengefügt. Wassertropfen. Regentropfen. Das, was ich an den Wasserhähnen, an den  Leitungen fand. Ich habe Dunst aufgefangen. Auch Nebel. Und Tau. Draußen. Und alles hinunterperlen lassen. Dann die Tropfen zu Garn gemacht. Zu Garn. Als es fertig war, habe ich mich an einen der Webstühle gesetzt. Und ein Fadensystem gespannt. Die Längsfäden. Mein Gerüst. Schließlich habe ich mein neues Garn genommen. Mein Wassergarn ist auf und ab gelaufen. Über und unter die Fäden. Wie Wellen. Und ich habe mit einem Kamm alles immer dichter zusammengefügt. Und so ist aus dem Garn ein Webstoff geworden. An anderen Webstühlen habe ich Gleiches getan. Und dann aus den einzelnen Teilen etwas Großes gemacht. Einen Vorhang. Gewoben aus Wasser. Da war etwas. Das ich wusste. Seit jeher: Ich werde den Vorhang öffnen. Zur Regenzeit. Und dann wird es sich zeigen. Dahinter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.