Was ich hier auf dem Tisch vor mir habe, irritiert
mich. Es ist etwas, das ich so noch nicht gesehen habe. Und ich bin mir auch
nicht sicher, ob ich es anfassen kann. Wovon ich spreche, ist ein versteinerter
Brief. Er sieht aus wie eine Steinplatte. Gräulich. Und leicht verwittert. Und
schwer. Die Schrift hebt sich deutlich vom Papier ab. Sie steht hervor. So
wirkt sie fast räumlich. Und beim Anblick des steinernen Papiers erkenne ich
auch eine Struktur. Dahinter. Oder darin. Eine Maserung. Vielleicht ist das ein
Baum, den ich da sehe. Die Maserung eines Baums, die sich auf dem Papier
abzeichnet. Und ich sagte bereits, dass ich Berührungsängste habe. Im wahrsten
Sinne. Des Wortes. Ich möchte den Brief noch eine Weile anschauen. Mich mit
seiner ungewöhnlichen Komposition vertraut machen. Und allmählich gelingt es
mir dann, ganz leicht über die Buchstaben zu streichen. Seltsam, dass sie sich
abheben. Ein bisschen wie Lettern einer ganz alten Druckmaschine. Und jetzt, wo
ich die Buchstaben berühre, höre ich Töne. Ich streiche mehrmals über die
Lettern. Und nun ergeben sich Melodien, die mich zwar an nichts erinnern, aber schön
klingen. Plötzlich geraten die Buchstaben in Bewegung. Ich weiche zurück. Und
die Schrift bildet sich um. Alles gruppiert sich neu. Und auch anders. Ich setze
mich. Um zu lesen, was dort geschrieben steht. Und ich sehe, dass der Brief an
mich adressiert ist. Und eine Nachricht enthält. Ich lese. Ich lese, dass alles
Gelesene falsch ist.
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