Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Donnerstag, 30. Juni 2016

In den Schränken



Ich bin zum Möbelhaus gefahren. Und habe mich in einen Schrank gesetzt. Der Schrank ist weiß. Und sehr geräumig. Sodass ich gut hineinpasse. Ohne irgendwo anzustoßen. Ich sitze frei. Frei im Schrank. Es dauert nicht lang, und die Schranktür öffnet sich. Vor mir steht jemand. Auf Hüfthöhe. Ich muss ein  bisschen nach oben schauen. Um das Gesicht zu sehen. Ich sehe nichts. Denn die Tür wird direkt wieder zugemacht. Sehr schnell. Und es knallt. Ein bisschen. Ich lockere meine Knie. Aber schon geht sie wieder auf. Die Tür. Ein suchender Blick. Ich lache. Und es wird dunkel. Im Schrank. Ich winkle die Beine an. Jetzt wieder Schritte. Die sich nähern. Die Tür wird ganz langsam aufgemacht. Dann ein leiser Schrei. Ich möchte neutral bleiben. Neutral gucken. Wir sehen uns an. Da ist etwas Flackerndes. Im Blick. Meines Gegenübers. Können Sie mir den Schrank empfehlen? Ich antworte nicht. Die Tür schließt sich. Wieder. Ich schlage die Beine übereinander. Dann ein erneutes Öffnen. Jemand fordert mich auf, den Schrank zu verlassen. Ich gehe. In die Küchenabteilung. Um ein wenig von mir abzulenken. Dann kehre ich zurück. Zu den Schränken. Diesmal wähle einen aus Echtholz. Und öffne die Tür. Da sitzt jemand. Im Schrank. Wir sehen uns an. 

A: Warum sitzen Sie hier?
B: Ich mache eine Pause.
A: Eine Pause wovon?
B: Ich kann nicht den ganzen Tag im Restaurant sein. Und nur essen. Und trinken.
A: Ich verstehe nicht.
B: Ich bin Statist. Tagsüber. Ein Restaurantbesucher. Nachts schlafe ich in den Schränken. Wie alle. Hier.  

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