Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Sonntag, 5. Juni 2016

Erdnest



für A.

Durch einen Wald gehen. In dem es gerade geregnet hat. Ich kann das Moos riechen. Den Farn. Und auch die Fichten. Sie haben einen sehr eigenen Geruch. Und ich habe Lust, zu den Stämmen zu gehen. Die Rinde anzufassen. Und ihre Struktur aufzunehmen. Sie ist so ganz anders. Anders als das, was mich sonst umgibt. In meinen Räumen. Das ist der Grund, weshalb ich hier bin. Der Weg federt. Unter meinen Füßen. Wie überall. Hier. Ich habe von Reisig gehört. Von Nadeln und Blättern. Einer lockeren Streuschicht. Die den Wegen dieses Federnde geben soll. Ich jedoch glaube, es ist etwas Anderes. Etwas, das mit den Ameisen zu tun hat. Manchmal, wenn ich mich abseits der Wege befinde, treffe ich auf ihre Behausungen. Hügelnester. Mit Gängen. Und Kammern. Unter der Erde. Und ich stelle mir vor, dass der ganze Wald unterhöhlt ist. Unzählige Gänge. Die dort verlaufen. Und auf die Städte zukommen. Sich durcharbeiten. Durch Beton. Stahl. Asphalt. – Durch alles. Durch das ganze künstliche Gestein. Das wir hier angesammelt haben. Aufgeschichtet. Aufgetürmt. Die Gänge verästeln sich weiter. Und werden zu etwas sehr Breitem. Bahnen entstehen. Und es wird Verbindungen geben. Es wird Verbindungen geben aus allen Richtungen. Mit allen Richtungen. Es wird weltumspannend sein. Es wird die Äquatorlinie sein. Die, wenn man sie aus dem Weltraum betrachtet, wie ein Geschenkband aussieht.

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