Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Montag, 15. Mai 2017

Bleiche Tage



Heute habe ich meinen Kalender zur Hand genommen. Ich trage meine Termine immer mit einem besonderen Stift ein. Es ist ein Faserschreiber. Der schwarz schreibt. Ich habe nach einem Sonntag im Oktober geschaut. Jetzt ist Mai. So waren es einige Seiten. Die ich umblätterte. Während ich dies tat, fiel mir auf, dass die Schrift immer blasser wurde. Von Woche zu Woche. Sie ging von einem satten Schwarz (im Mai und Juni) zunächst in ein Grau (in Abstufungen) über. Bis schließlich alles weiß wurde. Also unsichtbar. Sodass ich (im Oktober angekommen) gar nichts mehr erkennen konnte. Und so geht es. Weiter. Die Tage verschwimmen mir. Immer mehr. Sie verlieren an Kontur. Sie gehen ineinander über. Und auch kein anderer Kalender hilft mir jetzt mehr. Es bleibt dabei: Die Tage sind bleich. Verblasst. Sodass es eigentlich keine Tage mehr sind. Aber es stört mich schon nicht mehr. Weil so alles größer wird. Die Tage sich ausdehnen. Und alles in einen anderen Zusammenhang kommt. Der sich nicht mehr bemessen lässt. Nach einem Kalender. So ist mir alles weit geworden. Durchweht von einer anderen Zeit. Und ich möchte nicht zurück. In diesen Kalender. Wo alles so klar und entschieden war. In seinem Schwarz. Ich durchschwimme die neue Zeit. Mit meinen Augen. Und bin gelöst. Von zeitigem Grund.

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