Ich komme hier jeden Tag vorbei. An diesem
Schaufenster. In dem nur ein Sessel steht. Nichts sonst. Auch heute bleibe ich
wieder vor der Scheibe stehen. Und betrachte den Sessel. Es ist ein Ohrensessel.
Senffarben. Man hat ihn ein bisschen schräg ins Fenster gestellt. Auf grauen
Estrich. Direkt hinter dem Sessel ist ein schwarzer Vorhang. Ich weiß nicht,
was sich dahinter befindet. In der Tür zu dem Ladenlokal hängt eine
Telefonnummer. Ich habe schon einige Male überlegt, diese anzurufen. Das
Ladenlokal ist nie geöffnet. Und in diesem Moment überlege ich, ob das
überhaupt stimmt. Weil ich es noch nicht ausprobiert habe. Ich warte stattdessen
immer darauf, dass jemand im Schaufenster ist. Sich dort zeigt. Und im Sessel
sitzt. Oder dass die Ladentür angelehnt ist. Vielleicht sogar offensteht. Heute
nehme ich den Türgriff in die Hand. Die Tür geht auf. Jetzt stehe ich in einem
sehr kleinen Eingangsbereich. Und fühle mich ein wenig unwohl. Direkt vor mir
der schwarze Vorhang. Links die Fensternische mit dem Ohrensessel. Und im
Rücken die Tür. Durch die ich eben gekommen bin. Nichts regt sich. Ich rufe.
Keine Antwort. So gehe ich zum Sessel, setze mich und nehme mein Buch aus der Tasche
(ich habe mir oft vorgestellt, dies zu tun: Hier zu sitzen und zu lesen). Der
Sessel ist ungemein bequem. Ich werde ruhiger. Und schaue hinaus. Aus dem
Fenster. Ich sehe nicht, was ich erwartet habe. Denn es ist nicht das, woher
ich kam. Nicht der Gehweg. Die Straße. Die Häuser. Stattdessen blicke ich auf
ein Wohnzimmer. In ein Wohnzimmer. Ich bin jetzt in einem Wohnzimmer. Der
Sessel, in dem ich sitze, ist Teil eines ganzen Ensembles aus verschiedenen Sofas
und Sesseln. Die Fensterscheibe ist verschwunden. Jetzt kommen Menschen herein,
die mich freundlich grüßen. Und Platz nehmen. Auf den Sofas. Und Sesseln. Alles
ist in einer Kreisform arrangiert. Sodass wir uns gut sehen und auch hören können.
Es werden Getränke gereicht. Und mir werden Zigaretten angeboten. Die ich gerne
nehme. Um meine fahrigen Hände zu überspielen. Ich blättere in meinem Buch.
Denn ich weiß nicht, worüber ich sprechen soll. Mit diesen Menschen. Die plötzlich
äußern, dass ich es doch sei. Der Urheber. Ich möchte ihnen widersprechen. Und
blättere weiter. Auf der hinteren Einschlagklappe eine Autorennotiz. Mit einem
Bild. Dann vorne im Buch: Der Inhalt. Kurz umrissen. Und jetzt weiß ich, in
welcher Geschichte ich bin.
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