Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Mittwoch, 14. Juni 2017

Die Mitteilung



Als ich den Satz las, lehnte ich mich zurück. Und ließ mich noch tiefer in meinen Sessel fallen. Ich saß in der Eingangshalle eines Hotels. In einer Großstadt. Auf einem anderen Kontinent. Eben noch hatte ich in einer Tageszeitung gelesen. Um mir ein Bild von den hiesigen Verhältnissen zu machen. Dann stand ein Page vor mir. In einer roten Uniform. Und überreichte mir ein Kuvert. Das auf einem silbernen Tablett lag. Ich öffnete den Umschlag. Darin fand ich eine weiße Karte, bei der mir gleich die Schwere des Papiers auffiel. Der Satz, den ich nun mehrmals las, war mit einer Feder geschrieben. Die Schrift hatte einen eigentümlichen Schwung und wirkte routiniert. Sodass ich hinter der Mitteilung jemanden vermutete, der häufig und viel schrieb. Mit der Hand. Mit einer Feder in der Hand. Ich sah mich um. Und musterte die anderen Gäste in der Halle. Ich versuchte, einen Zusammenhang herzustellen zwischen der Nachricht und einem der Anwesenden. Aber da war niemand. Niemand, der wiederum auch mich in Augenschein nahm. Um meine Reaktion zu beobachten. Alle schienen beschäftigt. Oder vertieft. In eigene Dinge. Doch wer war derjenige, der mir die Nachricht brachte? Ich ging zur Rezeption. Und erkundigte mich nach dem Pagen. Der ja erst vor wenigen Minuten an mich herangetreten war. Man könne mir nicht weiterhelfen. Nachrichten würden in diesem Hause nur elektronisch übermittelt. Direkt auf den Bildschirm. Im Zimmer. Ich überlegte einen Moment. Und sah auf die Karte. Um den Satz ein weiteres Mal zu lesen. Dann sprach ich ihn laut. In den Raum. Und nichts blieb. Was es war.

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