Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Montag, 19. Juni 2017

Das Meer über mir



Ich laufe. Auf Grund. Der Boden ist weich. Und sandig. Manchmal fasst eine Alge nach meinem Fuß. Dann bleibe ich kurz stehen. Weil sie mich sanft hält. Meine Befreiung jedoch ist ein Leichtes. Diese kurzen Momente des Innehaltens genieße ich. Sehr. Ohne die Algen käme ich nie zum Stillstand. Mein Laufen, mein Gehen währt immer. Ich habe alle Meere durchlaufen. Und immer ist das Meer über mir. Denn ich laufe ja auf Grund. Ich mag die verborgenen Orte. Hier unten. Es sind nur noch ein paar Fische. In diesen Tiefen. Die mich begleiten. Was ich auch mag, sind Wracks. Die ich nahezu täglich finde. Ich betrete die Schiffe. Und sehe mich um. Dabei belasse ich alles so, wie ich es vorgefunden habe. Nur das Sehen ist mir wichtig. Ich wüsste sowieso nicht, wohin mit den Dingen. Ich durchwandere die Schiffe. Und sehe mir die Frachträume an. Die Kabinen. Kajüten. Maschinenräume. Manchmal gibt es Speisesäle. Dort finde ich Teller. Gläser. Besteck. Manchmal sitzen auch Menschen an den Tischen. Sie unterhalten sich. Und ich lausche ihrem Gespräch. Kurz vor dem Untergang. Heute zieht es mich Richtung Island. Ich möchte die Kontinentalspalte durchschreiten. Das Wasser ist hier ganz klar. Und meine Augen reichen weit. Und erfassen alles. Morgen werde ich mich Richtung Pazifik aufmachen. Ich habe Sehnsucht nach einem bestimmten Fisch. Nach seiner Farbe. Und immer wird das Meer über mir sein. Und ich glücklich. Am Boden.

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