Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Mittwoch, 28. Juni 2017

22.07 Uhr



Die Zeit hakt. An diesem Punkt. Und ein Geräusch ertönt. Jeden Abend. Um diese Zeit. Egal, wo ich bin. Ich glaube nicht, dass andere bemerken, was mit der Zeit geschieht. Sie steht dann ganz still. Für diesen Moment. Die Zeiger bewegen sich nicht weiter. Die Ziffern schlagen nicht mehr um. Das gilt für jede Uhr, die ich um 22.07 Uhr betrachte. Ich nutze diesen Stillstand. Und gleite hinein. In die Zeit. Die Null ist mein Eingang. Manchmal gibt es auch einen Zugang zwischen den beiden Zweien. Habe ich diesen Eingang oder Zugang passiert, bin ich hinter der Zeit. Ich habe sie dann im Rücken. Und gehe ihr gleichzeitig entgegen. Ich weiß jetzt, dass die Zeit orange ist. Ein helles Orange. Und wenn ich auf die Zeit zugehe, bin ich umhüllt von dieser Farbe. Ich habe dann das Gefühl, durch einen Tunnel aus Orange zu gehen. Auf meinem Weg kommen mir Menschen entgegen. Und Wörter. Die ich zusammensetze. Zu Schlagwörtern. Des Kommenden. Es ist, als würde ich auf die Titelseite einer Zeitung schauen. Manches, was ich lese, freut mich. Anderes versetzt mich in Unruhe. Ich weiß, wer das Rennen macht. Das Spiel verliert. Vielleicht auch zur Unzeit. Wenn ich wieder aus der Zeit hervortrete (durch die Null oder zwischen den beiden Zweien), bin ich zeitlos. Geworden. Und ich warte. Wie jeden Tag. Auf den Moment: 22.07 Uhr. Vor einer Uhr. Die ich jetzt noch gar nicht kenne.

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