Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Sonntag, 20. März 2016

Solipsistische Interviews I: Flächiges





Eine Fläche. Ich denke zunächst einmal an den Tisch. Hier. Direkt vor mir. Das ist ganz offensichtlich. Und ganz nah. Ja. Es ist erstmal das Naheliegendste. Und auch Greifbarste.  Auf dieser Fläche gibt es eine Anordnung. Von verschiedenen Gegenständen. Die diese Fläche auch mit markieren. Sie weisen teilweise über die Fläche hinaus. Indem beispielsweise Blätter über die Kanten hinausragen. Oder der Karteikasten leicht übersteht. Und gleichzeitig die Grenze markieren. Das zeigt: Es gibt ein Gleichgewicht. Im Kantenbereich. Das sehr fragil ist. Wenn der Gegenstand, der auf dieser Fläche liegt, zu sehr über die Kante hinausragt, also wahrscheinlich zu über 50 % (aber das kann ich gar nicht so genau bestimmen), dann fällt er hinunter. Das heißt: Die Fläche hält. Da liegt etwas auf. Und die Fläche ist ein Ort, wo ein Gegenstand zur Ruhe kommen kann. Ob das dann seine Bestimmung ist, sei einmal dahingestellt. Aber es könnte so etwas sein wie eine Zwischenanordnung. Die Fläche bietet dem Gegenstand eine Position, die etwas mit Ruhe zu tun hat. So lange da keine anderen Einwirkungen kommen. Andere Kräfteverhältnisse wirken. Wie etwa ein Ruckeln. Oder Wind. Der aufkommt. Durch ein Fenster. So etwas in der Art. Ich kann auf eine Fläche schauen. Von oben. Ich kann unter die Fläche schauen. Dann ist es aber nicht mehr die Fläche. Nicht mehr die Fläche. Sondern es ist eben eine andere Fläche. Nicht mehr die, auf die ich von oben draufschaue. Sie wird wenig Reibung bieten (da bin ich mir aber nicht sicher). Ich denke an Eisflächen. An eine Rasenfläche. Seeflächen. Und Oberflächen. Auf meiner Fläche habe ich Dinge angeordnet. Und diese Anordnung - oder überhaupt die Präsenz der Gegenstände auf dieser Fläche - markieren etwas. Sie machen die Fläche zu etwas Bestimmtem. Oder Bestimmbareren. Eine völlig leere Fläche wäre in ihrer Funktion vielleicht auch erkennbar. Aber erst die Objekte darauf definieren sie näher. Ich kann die Fläche auch anleuchten. Ausleuchten. Und ich kann sie farblich verändern. Und ich könnte darauf spazieren gehen. Oder irgendwelche Gegenstände hin und her schieben. Dann würden sich vielleicht Spuren ergeben. Dann würde sich ein Muster ergeben. Irgendein Bewegungsmuster. Auf dieser Fläche. Und dem könnte ich nachgehen. Und überlegen, was die einzelnen Punkte sind. Für was sie stehen. Was das für ein Geflecht ist, das sich da ergibt. Das wäre nachher (nach meiner Fertigstellung) eine Art Karte. Eine Bewegungskarte. Ja, es könnte interessant sein, eine solche Karte zu haben. Von meinem eigenen Tisch. Und es werden weitere hinzukommen. Von anderen Tischen. Ich werde in Kantinen gehen, Bibliotheken durchstreifen und Spielcasinos besuchen. Ich weiß jetzt, was zu tun ist. Ich kartografiere die Tische. Dieser Stadt. Dann wage ich mich weiter. Hinaus. Bis ich an die Kanten komme.

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