Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Freitag, 18. März 2016

Die Fahrt



Mittwochs habe ich immer auswärts zu tun. Ganz im Norden der Stadt. Ich nehme die U-Bahn dorthin. Für gewöhnlich. So kann ich lesen. Oder mich auf meinen Termin vorbereiten. Dort, im Außenbezirk, endet der Zug. Heute ist irgendetwas anders. Der Zug fährt. Eine ganze Weile schon. Aber er hat  noch kein einziges Mal gehalten. Eigentlich müssten wir um 07.30 Uhr das Rathaus längst passiert haben. Ich kenne die Abläufe. Das hier ist anders. Anders ist auch, dass der Zug in diesem Moment nach rechts schwenkt und in einem Nebentunnel seine Fahrt fortsetzt. Das gewohnte Ruckeln und Schaukeln setzt aus. Stattdessen nun ein ruhiges, gleichmäßiges Gleiten. Wie in einem Flugzeug, das seine Reiseflughöhe erreicht hat. Ich blicke aus dem Fenster. Der Tunnel ist schwach beleuchtet. Aber die Wände sind strahlend weiß. Wie frisch getüncht. Und jetzt fahren wir in einen Bahnhof ein. Ich beuge mich vor, um den Namen der Station zu lesen. Doch ich kenne die Schriftzeichen nicht. Ich habe jedoch eine Ahnung. Eine bildhafte Ahnung beim Anblick der Schrift. Große Wasser, tönt es in mir. Doch ich muss weiter. Zu meinem Termin. Wann geht der nächste Zug in Richtung Stadt?, frage ich zwei Passanten. Alle Züge enden hier. Nur Ankünfte. Keine Abfahrten. In der Bahnhofshalle erhalten Sie alle Papiere. Und Ihren Wohnungsschlüssel.

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