Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Sonntag, 18. September 2016

Kreis



Im Kreis gehen. Im Kreis denken. Eine immer wiederkehrende Bewegung. Die durch ihr Rund erträglich ist. Schwieriger und auch schmerzhafter ist es, in einem Quadrat zu denken. Oder in einem Dreieck. Geschweige denn in einem Oktogon. Das Anecken führt zu vielen Blessuren. Das Anstoßen auch. Der Kreis hingegen ist eine unverfängliche Form. Zunächst. Es dauert eine ganze Weile, in seinem Rund das ewig Kreisende zu erspüren. Irgendwann jedoch stellt sich Schwindel ein. Und Kopfschmerz. Und möglicherweise sogar Übelkeit. So gewinnt der Kreis an Kontur. Und er zeigt sich. Mehr. So offenbart der Kreis jetzt mit seinem schneidenden S am Wortende schon etwas mehr von der Schärfe, die ihm innewohnt. Die ersten vier Lettern erinnern an kreischen. An ein Karussell denken, das sich immer schneller dreht. Im Kreis. Und auch da (im Karussell sitzend) irgendwann das Gefühl, dieses Drehen nicht mehr auszuhalten. Aussteigen wollen. Aber Angst haben, vorher herausgeschleudert zu werden. Vielleicht wehrt sich der Kreis. Gegen das Aussteigen. Auch das kann der Kreis. Wenn er sich dreht. Wie eine Trommel. Der Kreis bietet kaum Zugang. Weil er eine geschlossene Form ist. Es ist schwer, einen Eingang zu finden. Einmal im Kreis, ist es noch schwerer, den Ausgang zu finden. Wo ist oben? Wo unten? Die Verhältnisse verschieben sich. Kein Punkt ist klar. Im Kreis. Es mag einen Mittelpunkt geben. Er ist mit bloßem Auge nicht zu bestimmen. Dazu bedarf es Instrumente. Es ist stets eine Frage des Innen. Und des Außen. Wenn es um den Kreis geht. Der Kreis reizt. Es wird Leere vermutet. In ihm. Man weiß um die Leere. In ihm. Dennoch besteht Sehnsucht oder gar Hoffnung, er könne gefüllt sein. Was sich aber nie zeigt. Was sich zeigt, ist ein Kreis.   

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