In
meiner Straße hat ein Boot angelegt. Ein kleines Segelschiff mit einem Mast.
Man hat es an einer Laterne vertäut. Ich sehe zwar kein Wasser (ich gehe ja
hier), aber es schwimmt. Und bewegt sich sanft - wie zum Rhythmus von Wellen.
Die Menschen auf dem Boot geben mir Zeichen, zu ihnen zu kommen. Auf ihr Schiff.
Schon legen wir ab. Und schippern langsam die Straße entlang. Ein Steward tritt
an mich heran. Er trägt einen dunkelgrünen Anzug aus Samt, den an Schultern und
Ärmeln Goldbordüren zieren. Er führt mich herum. Das Boot hat im Innern
Ausmaße, die ich ihm von außen nicht angesehen habe. Wir betreten einen Saal.
Den Speisesaal. Die Tische sind festlich eingedeckt. Hier findet eine größere
Gesellschaft Platz. Und der ganze Raum ist geschmackvoll eingerichtet: Ich
laufe über Tafelparkett und lasse meine Finger über Brokatstoffe und
Holzvertäfelungen gleiten. Dann folgen wir mehreren Korridoren, und mein
Begleiter zeigt mir meine Kajüte, die sehr geräumig ist. Ein Stockwerk höher
betreten wir die Schiffsbibliothek. Ich betrachte die unzähligen Regalreihen.
Und eine Sammlung alter Landkarten und Globen. Dann halte ich einen Kompass aus
Messing in den Händen. Wir sind schon
eine ganze Weile unterwegs, sagt der Steward. Und zwinkert mir freundlich
zu. Im Anschluss öffnet er ein Portal. Dahinter zeigt sich ein Raum, der ganz
aus Glas ist. Die Wände. Und auch der Boden. Wir nennen das hier Fenster zur Welt. Sehen Sie sich ganz in Ruhe um. Ich blicke hinaus: Noch immer
segeln wir langsam durch meine Straße. Gerade passieren wir das Gartentor
meiner Nachbarn. Jetzt wende ich mich dem Boden zu. Ich blicke hinunter. Durch
das Glas. Und sehe Korallenbänke, Seeanemonen und leuchtende Fische. Nun sind
wir auf der Höhe meines Hauses. In meinem Wohnzimmer sind drei Delfine, die
dann durch die Verandatür in meinen Garten schwimmen. Wir folgen der Straße.
Weiter. In Richtung Wald. Jetzt geht es die Anhöhe hinauf. Die Route meines
täglichen Spaziergangs. In den Birkenwald. Oben angekommen, blicke ich auf ein
offenes Meer. Spüre die frische Brise. Und atme salzige Luft. Und jetzt weiß
ich: Ich lebe am Meer.
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