Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Mittwoch, 26. November 2014

White & Shine



Von Rot nach Weiß. Kreisen und rütteln. Und noch einmal kreisen und rütteln. Das Abgestandene beiseite schieben. Fast fertig. Dann richtet sie sich auf. Eine durchweichte Borstigkeit. Atemlos nachschäumend. Sie sieht hinunter: Speichel umspielt ihren Griff. Sie blickt in den Spiegel: Kurzköpfig und blau. Kein Schwingkopf. Moderner Gelkopf. Das steht ihr gut. Sie mag Nylon und würde sich als mittelhart bezeichnen. Aber Putzen ist kein Zuckerschlecken. Heute nicht. Nie gewesen. Auch wenn sie sagt, sie mache in Oralhygiene. Wenn sie traurig ist, denkt sie an ihre Großmutter, der Figur nach noch ein Pinsel, mit Borsten aus dem Nacken von Hausschweinen, die man an einem Kuhknochen befestigt hatte.

Sie hingegen ist eine Interdent. Vielmehr noch: Sie ist White & Shine. Alle nennen sie so. Sie kann Kaufläche, Außen und Innen. Sie ist die Herrscherin im Borstenfeld. Unangefochten. Sie kämpft und gewinnt: Den Spargel getötet. Das faserige Fleisch vernichtet. Den Rhabarber einfach ausgelöscht.

Und sie erhöht ihre Wirkung:Trifft sich mit Pasten. Küsst einen Putzkörper. Liebkost  rote Streifen. Ruft Seide herbei. 

Trotzdem ist White & Shine manchmal einsam. Besonders nachts. Dann steht sie auf und treibt sich heimlich zwischen Fleisch und Zunge. Sie massiert und vibriert. Blassgelber Belag wird zärtlich mit Wasser umspült. Später – nach getaner Arbeit - applaudiert der Spiegel. Jetzt erst spürt sie, wie erschöpft sie ist. Nur noch weg von hier an einen anderen Ort. Still und rein soll es sein. Zurück ins Glas. Hier herrscht besserer Geschmack. Nach Ruhe verlangend, nimmt sie Platz.

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