Ein
Steinauge saß auf einer Steinbank. Die Nachtsonne schien. Das Steinauge nähte.
Stich für Stich, Naht für Naht. Es waren viele Papierstückchen, die es zu einer
Pergamentdecke zusammenfügte. Von Zeit zu Zeit blickte das Steinauge auf und
betrachtete die Landschaft. Auf dem Pass näherte sich das Kriechtier. --- Viele,
viele Stiche weiter: Noch etwas kurzatmig nahm es Platz auf der Bank. Noch so
spät unterwegs?, fragte das Steinauge. Ach, der Weg von dort oben hat sich
verschoben. Ich brauchte Stunden bis hierher. Verschoben? Ja. Jemand hat sich
an den Flächen von Berg und Tal verhoben. So ist alles durcheinander geraten.
Über- und untereinander. Völlig verschachtelt. Man hat schon den Laser
hindurchgeschickt, um alles zu vermessen. Aber die Kartographie will nicht
gelingen, weil ständig alles in Bewegung ist. Ein tektonischer Gau, so sagt
man. Gibt es denn Hoffnung?, fragte das Steinauge - sichtlich besorgt. Nun, wir
könnten im Schwarzen Saal das Pumpwerk in Betrieb nehmen. Und so die Landschaft
einfach auspumpen. So wäre sie leer. Das wäre aber doch schade, entgegnete das
Steinauge. Nichts bliebe dann mehr. Maximal ein Hintergrundknistern. Selbst die
Nachtsonne würde von der Pumpe verschluckt. Ich möchte Ihnen einen anderen
Vorschlag machen: Ich gehe mit meinem Nähzeug in die Landschaft --- und umgarne
und vernähe dann alles. Wenn wir dann später am Faden ziehen, löst sich die
ganze Landschaft auf. Morgen nähe ich neue Flächen für Berg und Tal. Das
Kriechtier nickte. Das ist ein guter Plan. Und winkte freudig der Nachtsonne
zu.
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