Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Mittwoch, 30. März 2022

Ewigkeit

 

Wir sind von Pflanzen umgeben.

Sie sehen uns an.

Langsam werden ihre Blüten zu Knoten –

und eine Frucht wächst heran.

 

Sie umschließt uns mit ihrem Fleisch.

Dann sind wir eingeschlossen.

Und in ihrem Innern werden wir zum Kern.

 

Die Frucht wächst.

Sie windet sich in unseren Gehörgang hinein

und schlägt ihre Wurzeln in den Boden unseres Mundes.

 

Alles, was wir noch bei uns tragen –

die letzten Münzen oder eine silberne Uhr –

verlieren wir in ihrem Fleisch.

 

Der Kern ist ein Nest –

tönt es jetzt.

Und schon wächst unserem gepanzerten Körper ein Flügelpaar.

 

Der Kern bricht auf.

Wir steigen heraus.

Und man führt uns in einen steinernen Garten.

 

Auch hier gibt es Pflanzen.

Sie sind aus rohem Metall gemacht.

Wir wenden uns ab.

Und uns fallen die Flügel aus.

 

Um diesen Ort zu verlassen,

nehmen wir eine Seilbahn,

die uns durch Regen führt.

 

Wir steigen in die Gondel -

und Regen umschließt uns.

 

Wir fahren.

Die Fahrt geht weiter.

Sie geht weiter.

Die Station liegt irgendwo im Regen.

Der Regen scheint endlos.

Wir sehen nichts in ihm.

Die Fahrt geht weiter.

Und das Warten auch.

 

Es wird dunkel.

Und wieder hell.

Dunkel.

Und hell.

 

Unser Denken rast.

Unser Denken verliert sich auf dieser Fahrt.

Bis es sich wieder einfängt und nur noch um einen Gedanken kreist:

Der Regen hat die Zeit aufgelöst –

in einer Gondel zwischen Berg und Tal.

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