Orla Wolf

Orla Wolf
zuckerauge: ISSN 2569-9458

Montag, 30. Dezember 2024

Mein Kurzfilm MY DEER läuft beim Kurzfilmfestival in Hamburg!

 

 

Unser Kurzfilm MY DEER wurde für das 6. KLAPPE AUF! Kurzfilmfestival in Hamburg ausgewählt.

MY DEER läuft im Wettbewerbsprogramm!

Das Filmfestival findet vom 4.-5. April 2025 im Hamburger Metropolis Kino statt.

Montag, 23. Dezember 2024

ursprung

 

dieser raum ist

voller briefe.

gestapelt. deckenhoch.

alles hier scheint brief zu sein.

der tisch. das bild.

sogar die fenster,

die mit einer lodernden handschrift

beschrieben sind.

 

allmählich lese ich mich ein.

ich lese mich fest,

bis meine augen schmerzen.

der brief endet mit einem neuen wort:

raummigräne.

vielleicht sind es die briefe,

die den raum so fühlen lassen.

 

später (unten am vielsagenden fluss)

falte ich ein stück papier auseinander

und lese die sätze einer unbekannten,

die hier an diesem ufer

eine ruhige antwort fand.

Donnerstag, 19. Dezember 2024

manhattan ash tree

 

 

mich zieht es zurück

in die park avenue.

dabei streife ich sie nur.

 

sie zirkuliert.

 

ihr mittelpunkt

ist eine tausendjährige esche.

in ihrem stamm verbirgt sich

ein würfel aus elfenbein,

der seit jeher das schicksal

dieser stadt bestimmt.

 

vielleicht auch das

ihrer gestirne.

weites feld

 

auf meinem spaziergang über die felder

begegnen mir seit einigen tagen frauen

mit einem prächtigen kopfschmuck.

 

aus der ferne könnten es geweihe sein.

wenn sie näher kommen,

sehe ich,

dass es bäume sind.

 

wir grüßen uns nie.

 

und wenn wir aneinander vorbeigehen,

höre ich ein wispern.

es klingt wie weide. kastanie. buche.

 

ungläubig sehe ich ihnen nach.

vielleicht ist das hier auch ein fotoshooting.

 

ich blicke länger über die weiten felder.

dann trete ich den rückweg an.

 

am abend stehe ich vor dem spiegel

und entdecke

etwas grünes in meinem haar.

Donnerstag, 12. Dezember 2024

schneebaronin

 

durchstreift man die wälder,

wandert im gebirge oder taucht auf den grund

eines sees,

findet man jetzt überall glasierte erden.

sie sind weiß und kopfgroß.

schaut man genauer hin,

erkennt man auf ihnen einen riesigen kontinent.

er ist ungeteilt.

 

jemand erzählt von einer schneebaronin,

die ganz im norden lebt.

sie soll es sein,

die die weißen erden formt

und dann in die welt entlässt.

ihre smaragdfarbenen augen

können in alle richtungen gleichzeitig sehen.

 

nur sie weiß,

dass die erden mahnung und geschenk zugleich sind.

das zu erkennen,

braucht noch eine ganze weile,

murmeln die quarze in den turmuhren ihres schlosses

und senden einen mineralischen ton in die winterzeit.